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Bericht Weltmeisterschaft 2022 Kühlungsborn

Eine unglaubliche Woche

Wahnsinn! Wir können es immer noch nicht glauben. Was für eine Woche liegt hinter uns. Martins Handy läutet ununterbrochen wegen der eingehenden WhatsApp-Nachrichten bei der Heimfahrt nach der Preisverteilung in Kühlungsborn. Platz 9 bei der Weltmeisterschaft der Drachen inmitten der großen Namen der Klasse Heerema, Gilmour, Christensen, Link oder Friesen. Und dazu noch den Vize-Weltmeistertitel in der Corinthian-Wertung (eines unserer Ziele beim Einstieg in die Drachen-Klasse), geschlagen nur von unserem guten Freund Philipp Ocker mit seiner Crew.

Von den 10 gesegelten Wettfahrten bei wechselnden Bedingungen von 4-22 kn Wind, schwierig zu segelnder Welle und wechselnder Strömung, konnten wir 6 Wettfahrten unter den Top 10 abschließen, eine davon sogar gewinnen! Die 4 Wettfahrten mit Plätzen zwischen 17 und 32 bei 51 gestarteten Drachen-Teams mögen vielleicht das Ergebnis trüben, nicht jedoch unsere gute Laune.

Bei der Europameisterschaft im April in Sanremo konnten wir mit Platz 9 bereits in die Spitze der Klasse vorstoßen und uns den Titel in der Corinthian-Wertung sichern. Dieses Ergebnis hieß es nun in Kühlungsborn an der Ostsee etwas westlich von Rostock zu bestätigen. Schwierig genug, denn in Sanremo lief es bereits sehr gut und in den gut 2 Monaten dazwischen kamen wir nicht zum Segeln.

Der Start in den ersten Tag sollte mit Platz 9 gleich fulminant losgehen. Bei der zweiten Wettfahrt, die leider wegen einer nicht rechtzeitig neu platzierten selbstfahrenden Boje abgesagt werden musste, lagen wir auf Platz 4. Was für ein Beginn. Am 2. Tag legten wir mit den Platzierungen 8 und 3 gleich noch einmal nach und lagen in der Zwischenwertung auf Platz 3. Bis uns der Vermesser in einer Protestverhandlung eine 10%-Strafe aufbrummte, weil wir uns bei der Angabe der Spi-Vermessungsnummer im Registrierungsformular vertan hatten und eine alte Nummer eingetragen hatten. Das dämpfte zwar die abendliche Euphorie, ließ uns aber nicht verzagen. Wer weiß wofür es gut ist und hoffentlich gehen uns die insgesamt 10,4 Punkte am Ende nicht ab.

Tag 3 brachte dann leider für uns Amateure, die von Montag bis Freitag im Büro sitzen und sich auf alles andere als auf das Segeln konzentrieren, die Ernüchterung. Wir mussten den intensiven ersten beiden Tagen Tribut zollen, waren müde und dementsprechend fehleranfällig. Die Plätze 27 und 32 (es sollte unser Streicher sein) waren das Ergebnis eines fehlenden taktischen Plans, der falschen Einschätzung der Strömung und zweier misslungener Starts. Eigentlich ja in der Mitte des Feldes, aber die ersten beiden Tage hatten uns verwöhnt. Da tat der unfreiwillige Ruhetag am nächsten Tag aufgrund zu geringen Windes und zu starker Strömung gegenan gerade gut – auch wenn wir knapp 10 Stunden im oder um das Veranstaltungsgelände verbrachten.

3 Wettfahrten waren für Tag 5 der WM angesetzt. Bei Target-times von 90min und 2 sm langen Kreuzen, die 2x zu segeln waren, versprach es ein super anstrengender Tag zu werden. Die nur gering drehenden NW-Winde, die vorhergesagt waren, ließen die Wettfahrten zu Speed-Rennen werden. Während wir in der ersten Wettfahrt des Tages noch Pech hatten, weil durch einen leichten Rechtsdreher kurz vor der Luv-Tonne noch 20 Schiffe vor uns hineinrutschten, schaute letztendlich „nur“ Platz 17 heraus – ein weiterer Top-10-Platz wäre nach dem Start drinnen gewesen. In der darauffolgenden Wettfahrt gelang erst der 6. Startversuch unter Black-Flag und mehrmaligem Verlegen der Linie. Wir segelten konstant an der Spitze mit, konnten uns noch nach vorne segeln und schlossen mit Platz 3 hochzufrieden ab. Für die 3. Wettfahrt hieß es noch einmal voll konzentrieren. Der Tag war bereits anstrengend genug gewesen, aber gerade jetzt hieß es dranbleiben. Nach einem weiteren sehr guten Start rundeten wir die Luv-Tonne auf Platz 7. Unsere exzellente Vorwindgeschwindigkeit ließ uns auf Platz 3 bei der Lee-Boje nach vorne segeln, um dann auf der kommenden Kreuz endgültig den Turbo zu zünden und auf Platz 1 zu landen und damit unseren ersten Wettfahrtsieg bei einer Großveranstaltung in der Drachen-Klasse einzufahren. Ein Tag so wunderschön wie heute, so ein Tag… Unserer Leistung zollten immer mehr Gegner Respekt. Wir waren in den Top-Teams der Klasse angekommen.

Dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen, zeigte uns der letzte Regattatag. Nach einem an sich guten Start fielen wir durch fehlende Geschwindigkeit kurz darauf in die 2. Reihe zurück. Das hieß Abdeckungen ohne Ende, sich freiwenden, einen neuen taktischen Plan aufstellen. Das es Peter Gilmour und Pieter Heerema in dieser Wettfahrt auch nicht besser ging, relativierte das Ganze, sauer waren wir aber trotzdem ob der vergebenen Chance. Mit Platz 5 in der abschließenden Wettfahrt mit einem sauberen Start, guter Taktik und exzellenter Bootsgeschwindigkeit konnten wir unsere famosen Leistungen dieser Woche doch noch bestätigen.

Den Sieg holte sich in überlegender Manier mit 22 Punkten Vorsprung auf den Zweitplatzierten der für England segelnde Deutsche Klaus Diederichs vor Andy Beadsworth (TUR 1212) und dem Schweizer Wolf Waschkuhn (Europameister 2022). Beadsworth hatte sich am letzten Tag erst durch eine fragwürdige Jury-Entscheidung den Platz am Stockerl gesichert. Sehr zum Leidwesen des Deutschen Ingo Ehrlicher, der dadurch wie schon bei der Euro auf dem undankbaren vierten Platz landete.

Die Trauben hängen sehr hoch in der Drachen-Klasse, aber nicht so hoch, dass sie nicht zu erreichen wären. Das zeigte uns diese Weltmeisterschaft. Bei einer fehlerfreien Woche wäre sicher noch mehr drinnen. Das gilt aber sicher auch für die anderen Teams und damit passt der 9. Platz mehr als gut. Aber der Hunger ist noch nicht gestillt.

Christoph Skolaut

Diavell III, AUT 204

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